Was ist ein Verlustvortrag?

Verluste über Jahresgrenzen hinweg mit Gewinnen verrechnen

Wenn in einem Kalenderjahr Ihre negativen Einkünfte Ihre positiven Einkünfte übersteigen, können Sie Ihren Verlust steuerlich geltend machen. Dieser Verlustabzug lässt sich entweder in Ihrer kommenden Steuererklärung berücksichtigen oder steuerlich ins Vorjahr verschieben. Wie Sie mit einem Verlustvortrag Ihre Steuerschuld sinnvoll auf verschiedene Jahre verteilen, erfahren Sie hier.

Ein Verlustabzug kann ein Verlustvortrag oder Verlustrücktrag sein

In Ihrer Steuererklärung führen Sie Ihre Gewinne und Verluste auf und verrechnen sie miteinander. Wenn bei dieser Verrechnung der Gesamtbetrag Ihrer Einkünfte in einem Kalenderjahr negativ ist, machen Sie einen steuerlichen Verlust. Diesen können Sie durch einen Verlustabzug steuerlich geltend machen. Der Verlustabzug ist im Einkommensteuergesetz (EStG), Paragraf 10d, geregelt und kann die Form eines Verlustvortrags ins Folgejahr oder eines Verlustrücktrags ins Vorjahr haben.

Das Finanzamt berücksichtigt einen Verlust automatisch

Negative Einkünfte, die sich nicht mit den positiven Einkünften desselben Jahres ausgleichen lassen, können Sie mit positiven Einkünften des Vorjahres verrechnen. Diesen sogenannten Verlustrücktrag nimmt das Finanzamt ohne einen besonderen Antrag vor. Es berücksichtigt also den Verlust automatisch. In Ihrer Steuererklärung müssen Sie deswegen nicht angeben, wie hoch ein Verlust im Vorjahr und im Vorvorjahr war. Verluste für die Jahre 2020 bis 2023 lassen sich coronabedingt bis zu einem Höchstbetrag von 10 Million Euro in das Vorjahr zurücktragen. Bei Ehegatten sind es 20 Millionen. Ab dem Jahr 2024 beträgt der maximal mögliche Verlustrücktrag wieder eine Million Euro bzw. zwei Millionen Euro bei Ehegatten. Wenn es steuerlich für Sie günstiger ist, können Sie einen Verlustrücktrag mithilfe der Anlage "Sonstiges" ab dem Kalenderjahr 2022 ausschließen oder einschränken.

Verlustvortrag

Beim Verlustvortrag lassen Sie den Verlust eines Jahres im nächsten Veranlagungszeitraum verrechnen, also in einer späteren Steuererklärung. Das ist sinnvoll, wenn Sie Ihre Verluste nicht mit Ihren Einkünften desselben Zeitraums ausgleichen können. Die Steuerlast auf zukünftige Gewinne mindert sich dann, sodass Sie durch ein geringeres zu versteuerndes Einkommen Steuern sparen. Die Höhe des möglichen Verlustvortrags ist beschränkt: Pro Kalenderjahr können Sie maximal einen Verlustausgleich von einer Million Euro zuzüglich 60 Prozent des Gesamtbetrags Ihres Einkommens geltend machen. Bei zusammenveranlagten Ehegatten gilt der doppelte Wert.

Verlustvortrag in der Steuererklärung

Wenn Sie auf den Verlustrücktrag verzichten, können Sie die Möglichkeit des Verlustvortrags nutzen. Dazu müssen Sie in Ihrer Einkommensteuererklärung in der Anlage "Sonstiges" die Zeilen 7 und 8 ankreuzen. Wenn das Finanzamt Ihrem Antrag stattgibt, erhalten Sie den "Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags". Mit diesem lassen sich Ihre Verluste in das Folgejahr übertragen. Der Verlustvortrag ist auf eine Million Euro zuzüglich 60 Prozent des Gesamtbetrags Ihres Einkommens beschränkt. Bei Ehepartnern gilt der doppelte Wert. Hat das Finanzamt festgestellt, dass noch ein Verlustvortrag bei Ihnen offen ist, besteht eine Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung.

Beim Verlustvortrag die Einkunftsarten beachten

Um einen Verlustvortrag geltend zu machen, ist ein Verlustfeststellungsbescheid des Finanzamts erforderlich. Dieser bescheinigt die Höhe des Verlusts und die Möglichkeit, ihn in die folgenden Veranlagungszeiträume zu verschieben. Ein Verlustvortrag ist bei allen Einkunftsarten möglich – also sowohl bei nichtselbstständiger Arbeit als auch bei Kapitalerträgen oder Vermietung und Verpachtung.

Beachten Sie jedoch, dass Sie Verluste aus einer Einkunftsart in der Regel nur mit Gewinnen derselben Einkunftsart verrechnen dürfen:

  • Aktien, Anleihen oder Fonds: Verluste bei Aktien, Anleihen oder Fonds lassen sich bei der Einkommensteuer mit künftigen Gewinnen aus Kapitalvermögen verrechnen. Die Abgeltungssteuer bleibt beim Verlustausgleich unberücksichtigt.
  • Spekulationsgeschäfte: Bei privaten Spekulationsgeschäften, zum Beispiel mit Kryptowährung oder Immobilien, lassen sich Verluste nur mit Gewinnen aus gleicher oder ähnlicher Quelle verrechnen.
  • Betriebliche Verluste: Verluste aus vorangegangenen Jahren lassen sich bei der Einkommensteuer mit aktuellen oder zukünftigen Gewinnen verrechnen.

Wenn Sie noch keine Steuererklärung abgegeben haben

Steuererklärungen lassen sich für bis zu sieben Jahre rückwirkend einreichen. Sie können also auch einen Verlustvortrag noch bis zu sieben Jahre rückwirkend geltend machen, wenn Sie feststellen, dass das für Sie sinnvoll ist. Das ist besonders für Studenten interessant, die während des Studiums nichts oder wenig verdient haben.

Verlustvortrag für Studenten

Ein Verlustvortrag kann vor allem für Studenten sinnvoll sein, da deren Werbungskosten – zum Beispiel Studiengebühren, Semesterbeiträge oder Fahrtkosten – häufig höher als ihre zu versteuernden Einnahmen sind und zu einem negativen Einkommen führen. BaföG ist beispielsweise steuerfrei und zählt somit nicht zu den Einnahmen. Ausgaben für das Erststudium oder die Erstausbildung sind nicht als Werbungskosten anrechenbar. Denn dabei handelt es sich um Sonderausgaben, die sich nicht als Verlustvortrag geltend machen lassen. Bei der Einkommensteuererklärung von Studenten, die sich in einer zweiten Ausbildung befinden, ist das anders. Ausgaben für ein Studium nach der Ausbildung, ein duales Studium, ein Masterstudium oder ein Zweitstudium lassen sich als Werbungskosten von der Steuer absetzen. Somit ist auch ein Verlustvortrag möglich.

Beispielrechnung für einen Verlustvortrag bei Studenten

Die nachfolgende Beispielrechnung zeigt, wie Studenten vom Verlustvortrag profitieren können. Die Person im Beispiel hat 2021 und 2022 ihr Masterstudium absolviert. Im Jahr 2023 hat sie eine Stelle angetreten, bei der sie ein Jahresgehalt von 60.000 Euro brutto erhält. Während der beiden Studienjahre hatte sie Verluste von insgesamt 15.000 Euro. Dafür hat sie einen Verlustvortrag beantragt.

Das sorgt dafür, dass die Verlustsumme von 15.000 Euro vom zu versteuernden Brutto-Einkommen des Jahres 2023 abgezogen wurde. Somit musste die Person nur für die verbliebenen 45.000 Euro Steuern zahlen.

  2021 2022 2023
Einnahmen 0 EUR 5.000 EUR 60.000 EUR
Ausgaben 10.000 EUR 10.000 EUR -
Zu versteuerndes Einkommen - 10.000 EUR - 5.000 EUR 45.000 EUR
Verlustvortrag ins Folgejahr - 10.000 EUR - 15.000 EUR -

Verlustrücktrag für Studenten

Wer vor dem Zweitstudium gearbeitet und Steuern gezahlt hat, kann auch vom Verlustrücktrag profitieren. Dieser funktioniert wie der Vortrag, nur in umgekehrter Richtung. Die Steuerlast fällt im vorangegangenen Kalenderjahr an, sodass das Finanzamt beim Rücktrag im besten Fall Steuern erstattet.

Verlustabzug bei Immobilien und für Selbstständige

Wer sich dazu entscheidet, eine Immobilie zu kaufen oder zu bauen und dann zu vermieten, muss in den ersten Jahren häufig Verluste hinnehmen. Das ist zu erwarten und die Finanzämter berücksichtigen diesen Umstand. Dasselbe gilt, wenn Sie sich selbstständig machen oder ein Unternehmen gründen.

Zeichnet sich jedoch ab, dass die Immobilie oder die neue Firma auch nach einigen Jahren keinen Ertrag abwirft, kann es passieren, dass das Finanzamt unterstellt, dass Sie lediglich Steuern sparen wollen. Der Fachbegriff im Steuerrecht dafür ist "Liebhaberei" und bezeichnet eine Tätigkeit, die der Steuerpflichtige ohne die Absicht ausübt, Gewinn damit zu erzielen. Als Konsequenz daraus wird das Finanzamt zukünftige Verluste nicht mehr anerkennen und es besteht die Gefahr, dass es auch Verluste aus vergangenen Jahren nicht mehr anerkennt, falls die Steuerbescheide für diese Jahre vorläufig ergangen sind. Hier können Sie entgegenwirken, indem Sie von Anfang an eine Gewinnprognose für die nächsten 10 bis 20 Jahre erstellen und dem Finanzamt einreichen. Dies wird überdies vom Finanzamt oft schon bei Aufnahme der Tätigkeit gefordert.

Frühzeitig Geld anlegen oder sparen

Denken Sie auch dann an Ihre finanzielle Absicherung für das Alter, wenn Ihre Ausgaben momentan Ihre Einnahmen übersteigen oder nicht viel am Monatsende übrigbleibt. Indem Sie regelmäßig Geld zurücklegen, bauen Sie mit der Zeit ein kleines Vermögen auf. Ob Sie flexibel, sicherheitsorientiert oder langfristig Geld anlegen oder sparen möchten – Ihre Volksbank Raiffeisenbank hat die passende Geldanlage, abgestimmt auf Ihre Bedürfnisse und finanziellen Mittel. Lassen Sie sich bei Ihrer Bank vor Ort beraten.

Häufige Fragen zum Thema Verlustvortrag

Wie wird der Verlustvortrag verrechnet?

In der Regel werden Verluste mit den Einkünften desselben Jahres verrechnet, sofern Einkünfte vorhanden sind. Ist dies nicht der Fall, beziehungsweise bleiben die Einkünfte nach der Verlustverrechnung negativ, lässt sich der Betrag entweder mit den Einkünften des Vorjahres oder denen der Folgejahre verrechnen. Entscheiden Sie sich für eine Verrechnung mit den Einkünften des Folgejahres, handelt es sich um einen Verlustvortrag. Dabei lässt sich ein Betrag von bis zu einer Million Euro – bei Verheirateten zwei Millionen Euro – vom Gesamtbetrag der Einkünfte des Folgejahres abziehen. Sollte der Verlustvortrag höher sein, können Sie von den darüberliegenden Beträgen 60 Prozent berücksichtigen. Die dann noch nicht ausgeschöpften Verlustvortragbeträge sind in den Folgejahren anrechenbar.

Wie lange kann ich einen Verlustvortrag geltend machen?

Ein Verlust wird zuerst in das Vorjahr zurückgetragen. So wird zum Beispiel ein im Zuge der Einkommensteuererklärung 2022 festgestellter Verlust für das Jahr 2021 angerechnet. Sollten nach der Verrechnung noch Verlustbeträge vorhanden sein, werden diese in die Folgejahre vorgetragen, bis sie aufgebraucht sind.

Ihre Steuererklärungen können Sie einreichen, solange die Feststellungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Diese beträgt im Regelfall vier bis sieben Jahre. So können Sie zum Beispiel im Jahr 2026 noch die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2022 einreichen.

Welches Formular benötige ich für einen Verlustvortrag?

Seit dem Steuerjahr 2019 ist der Verlustvortrag in der Zeile 7 der Anlage "Sonstiges" zu beantragen. Für die Steuerjahre bis einschließlich 2018 gehören die Angaben zum Verlustvortrag auf die letzte Seite des vierseitigen Mantelbogens zur Einkommenssteuererklärung.

Informieren Sie sich bei Ihrer Volksbank Raiffeisenbank vor Ort, wie Sie am besten Geld anlegen oder sparen.

Hinweis auf Beratung: Dieser Artikel gibt nur Anregungen sowie kurze Hinweise und erhebt damit keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Informationen können eine persönliche Beratung durch einen Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Lohnsteuerhilfeverein oder durch die für diese Themen zuständigen Ämter nicht ersetzen.